Welche unterschiedlichen Arten der Stabilität lassen sich unterscheiden und welche Befunde gibt es hierzu für das Selbstkonzept?

Verschiedene Stabilitätskonzepte erzeugen sehr unterschiedliche Aussagen über die Stabilität des Selbstkonzepts

  • Normative Stabilität (normative/differential/correlational stability)
    Stabilität von interindividuellen Unterschieden in Selbstkonzepten bei mehrmaliger Messung; so, wie sich Rangpositionen zwischen den Messungen verschieben, sinkt die normative Stabilität.
    Schulbezogene Selbstkonzepte weisen eine hohe normative Stabilität auf. Sie ähneln denen des Big-Five-Konzepts.
  • Mittelwertstabilität (level stability)
    z. B. Vergleich des durchschnittlichen Selbstkonzepts einer Schülergruppe der 7. Klasse mit der 10. Klasse.
    Es gibt signifikante Mittelwertveränderungen. Zur Einschulung deutliche Überschätzung der Leistung normalisiert sich bis zur 6. Klasse.
    Mathematische und sprachliche Selbstkonzepte sinken über die Jahre, das allgemeine schulische Selbstkonzept bleibt stabil.
    Ursachen für das Sinken: Schulische Strukturen und Rückmeldesysteme haben unnötigerweise negative Auswirkungen: Benotungssystem im sozialen Vergleich (Klassenspiegel) produzieren "Verlierer" [kriteriale System könnten dies vermeiden]. Jedoch kann eine Ursache auch in einer realistischeren Selbstbewertung liegen.
    "Obwohl im Allgemeinen das Selbstkonzept sinkt, haben fast alle Schüler Bereiche, in denen ihr Selbstkonzept stabil bleibt oder sogar ansteigt."
  • Strukturelle Stabilität / Invarianz
    Ein Konstrukt weist über die Zeit die gleichen Dimensionen und dieselben Verbindungen zwischen diesen Domänen.
    Es gibt keine eindeutigen Befunde, ob eine steigende Differenzierung lebenslang stattfindet oder bereits früh (z. B. 5. Klasse lt. Marsh) abgeschlossen ist.
  • Intraindividuelle / ipsative Stabilität
    Die Organisation von verschiedenen Selbstkonzeptdomänen eines Individuums bleibt stabil (oder nicht). Z. B. Jugendlicher von 5. bis 10. Kl. hohes mathematisches, niedriges verbales, mittelhohes sportliches Selbstkonzept.
    Wenig untersucht.
  • Konstruktstabilität / inhaltliche Stabiliät
    Ein Konstrukt bzw. Item hat für die Befragten über einen längeren Zeitraum stets dieselbe Bedeutung.
    Voraussetzung zur Prüfung der übrigen Stabilitätsaspekte; sollte hoch sein, wenn ein Konstrukt genutzt wird.

Möller und Trautwein, 2020

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