Welche Bedeutung kommt dem Beanspruchungserleben von Lehrkräften zu?

Belastungen sind berufsbezogene Umweltfaktoren, die auf die Person einwirken und zu positiven oder negativen Reaktionen führen können. Unterschieden wird zwischen objektiven Belastungen (psychophysiologisch nachweisbare Umweltmerkmale wie z. B. Lärm oder organisatorische Strukturen) und subjektiven Belastungen (individuelle Wahrnehmung und Interpretation von Umweltbedingungen).

Bei Beanspruchung handelt es sich um individuelle Reaktionen auf Belastungen; unterschieden werden kann zwischen kurzfristigen Beanspruchungsreaktionen (z. B. positives/negatives Empfinden, verminderte Konzentration) und langfristigen Beanspruchungsfolgen (chronischer Stress, Burnout).

Unter Burnout versteht man langfristige Beanspruchungsfolgen; Burnout ist ein psychologisches Syndrom, welches durch die Symptome emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und ein Gefühl verminderter Leistungsfähigkeit gekennzeichnet ist.

Burnout wird mit dem MBI - Maslach Burnout Inventory - diagnostiziert mit 3 Kernsymptomen:

  1. emotionale Erschöpfung (Gefühle der emotionalen Überforderung und der Ermüdung, z. B. „Am Ende des Schultages fühle ich mich erledigt.“)
  2. Depersonalisierung (zunehmend zynische und negative Einstellung, vor allem bezogen auf die Schülerinnen und Schüler, z. B. „Ich glaube, ich behandle Schüler zum Teil ziemlich unpersönlich.“).
  3. wahrgenommener Leistungsmangel (Gefühl der verminderten Leistungsfähigkeit ab, z. B. „Ich fühle mich voller Tatkraft“, umgepoltes Item).

Die berufliche Situationen werden vor allem dann von Personen als belastend empfunden, wenn es ihnen an Ressourcen mangelt, um die Situation angemessen bewältigen zu können. Dabei wird zwischen personalen Ressourcen (z. B. Fähigkeiten oder Strategien) und sozialen Ressourcen (z. B. Unterstützung durch Kollegen) unterschieden.
Wichtig ist, dass Lehrkräfte nicht ausschließlich als Opfer ihrer Arbeitsbedingungen betrachtet werden, sondern ihnen eine aktive Rolle bei der Mitgestaltung ihrer Belastungssituation zugeschrieben wird.

Im Rahmen des Ansatzes der persönlichen Ressourcen kommt auch der Selbstwirksamkeitserwartung eine Bedeutung zu. Lehrkräfte, die der Überzeugung sind, kompetent handeln zu können, haben anscheinend bessere  Stressbewältigungsstrategien und erleben eine höhere Berufszufriedenheit. Als weitere persönliche Ressourcen werden internale Kontrollüberzeugungen, schulisches Engagement und sinnvoll erlebte außerschulische Tätigkeit oder realistische
Erwartungen an den Beruf diskutiert.

Besonders belastend:

  • institutionelle Faktoren, wie etwa hohe Arbeitsbelastungen durch große Klassen,
  • heterogene Leistungsniveaus in den Klassen,
  • schwierige Schüler,
  • hohe Lärmpegel
  • hohe Stundenbelastungen
  • fehlende Unterstützung durch die Eltern und die Gesellschaft
  • Erleben von Fremdbestimmung durch Verbürokratisierung, Verrechtlichung und bildungspolitische Maßnahmen

Dennoch berichten viele Lehrkräfte, ihren Beruf gerne und mit Freude auszuüben – trotz teilweise ungünstiger schulischer Bedingungen.

Lipowski, 2020

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