Welche Bedeutung hat Vorwissen für das Lernen?

Effekt des konzeptuell-semantischen Vorwissens

Das konzeptuell-semantische Vorwissen (Wissen über Fakten, Begriffe und Prinzipien) hat eine große Bedeutung für das Lernen. Die Ursache liegt in dem Prozess der Aktivierungsausbreitung und in der Vernetztheit der Knoten in semantischen Netzwerken.

Netzwerkmodelle semantischen Wissens bestehen aus Wissenselementen (Begriffe/Konzepte = Knoten) und deren Verbindungen (= Kanten). Die Kanten können verschiedener Art sein. Das (Vor-)Wissen von Menschen unterscheidet sich dabei in der Anzahl der Knoten, aber auch im Grad der Vernetztheit.

Jeder Knoten hat ein gewisses Aktivierungspotential.
Je größer die Aktivierung, desto wahrscheinlicher wird der Knoten aus dem Langzeitgedächtnis ins Arbeitsgedächtnis abgerufen.
Je häufiger Knoten gemeinsam aktiviert werden, desto stärker sind die Assoziationen (Kanten), welche wiederum die Weitergabe der Aktivierung zu einem weiteren Knoten befördern.

Die Annahmen werden durch den Priming-Effekt bestätigt. Beim Priming wird die Reaktionszeit bei der Verarbeitung eines Reizes verkürzt, wenn siesem Reiz ein anderer Reiz voranging, der mit ihm assoziiert ist.

Die Gedächtnisleistung von Experten (gut strukturiertes und umfangreiches Vorwissen)  ist deutlich höher als die von Novizen (relative Anfänger in einem Bereich).
Vorwissen ist ein sehr guter Prädiktor von späteren Leistungsindikatoren bzw. von Wissenszuwächsen, besser sogar als allgemeine Fähigkeiten wie Intelligenz oder Problemlösefähigkeit. Die Bedeutung von Wissen als Prädiktor für Lernerfolge nimmt im Lauf des Lebens zu. Intelligenz ist in den frühen Phasen des Wissenserwerbs eine wichtige Voraussetzung für die Aneignung von Wissen. Mit dem Erwerb von Expertise ist jedoch das damit verbundene Wissen für weitere Leistungen wesentlich bedeutsamer. Der abnehmende Einfluss von Intelligenz auf Lernerfolge im Lauf der Grundschule konnte am Fach Mathematik gezeigt werden.

Experten zeichnen sich u. a. aus durch

  • Schnelligkeit und Leichtigkeit der Informationsverarbeitung
  • höhere Qualität des Weiterlernes
  • andere Strategien zum Lösen von Problemen bzw. beim Lernen.
  • mehr Chunks

Effekte des metakognitiven Wissens

Metakognitives Wissen steht in engem Zusammenhang mit verschiedenen Lern- und Leistungsindikatoren. Aber:

"Ein fundiertes Wissensrepertoire in Bezug auf Lern-, Gedächtnis- und auch Problemlösestrategien stellt eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Lernerfolg in konkreten Lernsituationen dar."


"Die zur Förderung von Lernstrategien entwickelten Programme arbeiten an der Vermittlung von Strategien allein oder aber in Kombination mit Selbstregulationsfähigkeiten und/oder Lernmotivation. Die meisten dieser Programme setzen an der Förderung von Lesekompetenz und Strategien der Textverarbeitung an. Insbesondere im Bereich Intervention bei Lernstörungen erweisen sich Programme als sinnvoll, die sich mit der Förderung von Strategien, exekutiver Kontrolle und metakognitiver Steuerung beschäftigen."

Artelt & Wirth, 2014

Kommentieren nicht möglich