Wichtige Arten des Lehrerwissens (nach Shulman 1987; Baumert und Kunter 2006)
- Fachwissen („content knowledge“): tiefes Verständnis des zu unterrichtenden Schulstoffs
- Fachdidaktisches Wissen („pedagogical content knowledge“): Wissen darüber, wie fachliche Inhalte durch Instruktion vermittelt werden können
- Allgemeines pädagogisches und psychologisches Wissen („pedagogical knowledge“): Wissen über die Schaffung und Optimierung von Lehr-Lern-Situationen sowie entwicklungspsychologisches und pädagogisch-psychologisches Grundwissen
Bei Lehrkräften sind z. B. das Verständnis für fachliche Sachverhalte oder die Kenntnis verschiedener Methoden deklaratives Wissen, während Wissen darüber, wie bestimmte Methoden angewendet oder disziplinarische Maßnahmen vollzogen werden, Beispiele für prozedurales Wissen sind.
Besonders relevant für eine positive Entwicklung der Lernenden ist das fachdidaktische Wissen der Lehrkräfte!
Forschung zum Lernen in bestimmten fachlichen Domänen, wie etwa zu Fehlvorstellungen in Mathematik und Naturwissenschaften oder zur Wirkung von bestimmten Präsentationsformen, hat eine besondere praktische Relevanz hat und sollte unbedingt in die Lehrerbildung einfließen.
Doch auch genuin psychologische Inhalte sind elementare Bestandteile des Lehrerwissens, denn Wissen über Prinzipien des Lernens, Motivation, Entwicklungspsychologie oder pädagogisch-psychologische Diagnostik sind wichtige Grundlagen für eine erfolgreiche Berufsausübung von Lehrkräften. Studien zeigen, dass solches psychologische Wissen nicht nur hilfreich für eine qualitätvolle Unterrichtsgestaltung ist, sondern auch eine Pufferfunktion gegen Stresserleben einnehmen kann.
Unter Professional Vision versteht man die Anwendung von Wissen, um Unterrichtssituationen angemessen einordnen zu können (Seidel und Stürmer 2014). In der Professional-Vision-Forschung sehen Lehrpersonen Unterrichtsszenen und sollen diese interpretieren. Gefragt wird danach, ob die Lehrenden relevante Ereignisse überhaupt erkennen können und ob sie diese angemessen interpretieren, z. B. indem sie passende Erklärungen für das Geschehen finden und einschätzen können, was vermutlich passieren wird.
Studien zeigen, dass Lehrkräfte im Mittel zwar relativ gut darin sind, die Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler zu beurteilen, dass aber große individuelle Unterschiede zwischen Lehrkräften bestehen. Diagnostische Kompetenz gilt
als eine wichtige Voraussetzung, um Unterricht angemessen planen und durchführen können.
Gerade die jüngsten Veränderungen im Bildungsbereich erfordern von Lehrkräften auch breiteres pädagogisches und psychologisches Wissen, wie etwa Kenntnisse über außerunterrichtliche Fördermaßnahmen, Beratung oder Kooperation – Aspekte, die bisher in der Lehrerbildung nur wenig Platz gefunden haben. Ein zukünftig vermutlich immer wichtiger werdender Aufgabenbereich von Pädagogischen Psychologinnen und Psychologen ist es daher, Lehrkräfte im Aufbau ihres professionellen Wissens in diesen weiterführenden Bereichen zu unterstützen, sei es im Zuge der Lehrerbildung oder durch Trainings und Weiterbildungsmaßnahmen