Welche Konsequenzen ergeben sich aus der kognitiven Architektur für das Lernen?

Kapazitätsbedingte Konsequenzen

  • Konkurrenz um Ressourcen
    Cognitive Load Theory (Sweller, 1994) und Kognitive Theorie des Lernens mit Multimedia (Mayer, 1997):
    Bei komplexen Lernaufgaben müssen mehr Informationen gleichzeitig verarbeitet und im Kopf behalten (gespeichert) werden als das Arbeitsgedächtnis fassen kann. Die Konkurrenz  um Ressourcen bedeutet, dass die zentrale Exekutive Kapazitäten entweder für die Verarbeitung oder für die Speicherung zur Verfügung stellen kann.
  • Korrelationen mit Lernleistungen und -störungen
    Stabile Relation zwischen Verarbeitung (=Arbeitsgedächtniskapazität) und diversen kognitiven Fähigkeiten wie Lese- und Sprachverständnis, mathematisch-räumliche Fähigkeiten; auch hohe Korrelation mit Ergebnissen von Tests des schlussfolgernden Denkens.
    Kein systematischer Zusammenhang zwischen Speicherung (Kurzzeitspeicherkapazität) und komplexen kognitiven Leistungen.
    Bei LRS Defizite ausschließlich in phonologischer Schleife,
    bei Dyskalkulie Defizite im visuell-räumlichen Notizblock.

Prozessbedingte Konsequenzen

  • Informationstransfer ins Langzeitgedächtnis (Optimierung der Speicherfunktion)
    • Verweildauer im Arbeitsgedächtnis ist relevant (Atkinson & Shiffrin, 1968)
    • Wiederholte Aufmerksamkeitszuweisung zur Information erhöht die Langzeitspeicherung (Baddeley & Hitch, 1974)
      "repetitio est mater studiorum", wenn Informationen einfach nur behalten werden soll, ohne inhaltliche Weiterverarbeitung.
  • Bedeutungshaltige Informationsverarbeitung und Verfügbarkeit von Informationen
    • Eine bedeutungshaltige Informationsverarbeitung erhöht die Dauer der Verfügbarkeit (Craik & Lockhart, 1972): neue Informationen werden mit Vorwissen (Inhalt des Langzeitgedächtnisses) in Verbindung gebracht und dabei inhaltlich interpretiert (Zusammenspiel von Arbeits- und Langzeitgedächtnis).
    • Beteiligung von Prozessen wie
      • Bewerten der Relevanz von Informationen
      • Bilden von Kategorien auf Basis von Generalisierungen
      • Verknüpfen und Umstrukturieren von Informationen
      • Schlussfolgern

        Diese Prozesse stehen in engem Zusammenhang mit Intelligenz.

Veränderbarkeit von Gedächtniskomponenten

Training der Speicherfunktion (Effiziente Nutzung)

  1. Zusammenfassen von Einzelinformationen zu Chunks (Klumpen), stark abhängig vom Vorwissen!
  2. Gleichzeitige Nutzung der phonologischen Schleife und des visuell-räumlichen Notizblocks (z. B. Loci-Methode = Methode der Orte)

Training der Verarbeitungsfunktion

Üben von Lernstrategien, damit Prozeduralisierung und Automatisierung die zentrale Exekutive entlasten. Nach Klingberg (2010):

  1. Vermeidung expliziter Strategien
  2. Verwendung von ausschließlich Arbeitsgedächtnisaufgaben (Spannenmaßaufgaben, z. B.: neben zu merkenden Informationen müssen noch Entscheidungen gefällt werden)
  3. Langzeittraining erforderlich (mehrere Wochen mit bis zu 60 Min./Tag)

Solche Trainings korrelieren allerdings eher nicht mit anderen kognitiven Leistungsindikatoren wie schlussfolgerndem Denken.

Artelt & Wirth, 2014

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